Wilfried Schultz war in den 70er Jahren der uneingeschränkte Herrscher über die Reeperbahn. 23 mal ermittelte die Polizei gegen ihn und immer endete das Verfahren mit einem Freispruch. Der „Pate“ wie er genannt wurde oder „Frieda“, wie er nicht genannt werden wollte, lenkte das Geschäft mit der Prostitution und den Spielsalons.
Angefangen hatte seine Karriere in den 60er Jahren als Bananenpacker im Hafen und später als Kellner auf dem Kiez. Sein Einfluss gründete sich darauf, dass er die Wiener Zuhälter 1965 aus St. Pauli vertrieben hatte. Schultz versuchte, immer in bestem Zwirn gewandet, sich als respektabler Geschäftsmann alter hanseatischer Prägung darzustellen. Anfang der 80er zog er sich langsam zurück, denn mit dem neuen Geschäftsfeld Drogen wollte er nichts zu tun haben. Am Steindamm in St. Georg betrieb er zuletzt nur noch das Edelbordell „Café Cherie“. 1983 wurde er wegen Steuerhinterziehung für 2 Jahre und sechs Monate in Haft genommen.
Die Pinzner Morde
Die Pinzner Morde sind auch heute noch bekannt. Geschehen sind sie in den 80ern. Zu Beginn der 80er ging das Geschäft mit der Prostitution nicht mehr so richtig gut. Die Meldungen über AIDS verunsicherten die Freier und auch sonst hatte der Kiez eher einen zweifelhaften Ruf. Denn vor allem Drogengeschädigte – von Alkohol bis Heroin – machten das Erscheinungsbild der Reeperbahn aus.
Die Ludenkartelle
Die Herren des Kiez waren in zwei Ludenkartelle gespalten. Einmal die GMBH (Gerd, Mischa, Beatle und Harry) und die Nutella-Bande. Beide Gruppen teilten sich das Zusatzgeschäft Hehlerei und Drogenhandel auf, wobei jeder dem anderen sein Stück neidete. Die GMBH verlor schließlich an Einfluss, als der „Wiener Peter“ mit seinen Jungluden immer radikaler vorging. Der „smarte Geschäftsmann“ hatte bald seine erste Bordelletage im Palais d’amour unter seiner Verwaltung. Der andere Teil des Etablissements gehörte „Chinesen-Fritz“, der 1981 in der Gaststätte Ritze von einem Killer vom Barhocker geschossen wurde.
Wer dahintersteckte, ist bis heute offen. 1984 traf der „Wiener Peter“ seinen Kompagnon, den als St. Pauli Killer bekannt gewordenen Werner „Mucki“ Pinzner. Zum Test ließ er ihn erst einmal kleinere Überfälle machen u.a. auf Geldboten des ADAC. Von seiner Skrupellosigkeit überzeugt, buchte er ihn fort an für Auftragsmorde.
Die Auftragsmorde
Der erste wurde gegen einen ehemaligen Bordellbesitzer verübt, der seine Frau erpresste. Der „Wiener Peter“ tat der Dame den „Gefallen“ und ließ den Mann von Pinzner in Kiel erschießen. Das nächste Opfer war der „Bayern-Peter“, ein Lebemann, der durch seinen starken Kokainkonsum zur Gefahr für die illegalen Geschäfte wurde, die in dem Bordell „Hammer Deich“ und im „MB-Club“ durchgezogen wurden. Gegen eine Beteiligung ließ er wieder Pinzner von der Kette und entledigte sich dem vermeintlichen „Sicherheitsrisiko“.
Eine Schlägerei führte zum dritten Mord, denn ein Konkurrent des „Wiener Peter“, der so genannte „Neger Waldi“, ließ ihn von Schlägern in seinem Bordell verprügeln. Andere Versionen sagen, er habe Peter Nusser direkt durch einen Griff an den Kragen in der Diskothek Top Ten brüskiert. Egal wie, ein tödlicher Fehler. Pinzner und ein Komplize erschossen den Konkurrenten und seinen Wirtschafter.
Da die Morde offensichtlich mit dem Milieu zusammenhingen, wertete die Fachdirektion 65 alle Hinweise und Zeugenaussagen aus und kam schließlich auf den „Wiener Peter“ und seinen Todesengel. Beide wurden von einem mobilen Einsatzkommando am 15. April 1986 festgesetzt.
Das Ende
Von da an wurde es wirr. Pinzner verhandelte mit der Staatsanwaltschaft einen freien Tag mit seiner Frau aus, dafür würde er umfänglich aussagen. Am 29. Juli 1986 kam es zu der Vernehmung durch den ermittelnden Staatsanwalt Wolfgang Bistry. Anwesend waren Pinzner, seine Frau Jutta und seine Rechtanwältin, die eine Waffe in das Präsidium geschmuggelt hatte, die dann in dem Slip von Jutta Pinzner verborgen wurde. Pinzner nahm im Verlauf der Vernehmung die Waffe und erschoss Wolfgang Bistry, telefonierte mit seiner Tochter („Wir haben es so gewollt.“) und erschoss dann seine Frau und sich. Auch dieser Abgang war ein Auftragsmord gewesen. Auf einem Dokument hinterließ Pinzner noch einen Abschiedsgruß: „Ich werde noch mal hinlangen. Die Schweine haben mich ja so geflachst. Viele Grüße, Mucki.“
Sein ehemaliger Chef, der „Wiener Peter“ wurde bei einem Zwischenstopp in Frankfurt erneut verhaftet, nachdem er ursprünglich nach Österreich ausgeliefert wurde, aber das Verfahren hier noch
Mehr über die Zuhälter-Morde erfahren Sie auf der Sankt Pauli-Krimi-Tour.
Stefan Hentschel
Das Ende von Stefan Hentschel, dem selbsternannten göttlichen Zuhälter, war spektakulär. Er verabschiedete sich am 28. Dezember 2006 kurz vom Tresen in der Gaststätte Ritze, um noch eine bisschen im Keller die Sandsäcke zu boxen. Stattdessen hakte er einen davon aus und knüpfte sich auf.
Damit schied eine weitere Gestalt aus dem Leben, die den Kiez in den 80er Jahren prägte. Geboren wurde Stefan Hentschel in 1948 in Chemnitz-Gablenz.
Stefan Hentschel auf dem Kiez
Auf dem Kiez lernte er schnell, wie das Geschäft mit der Prostitution so läuft. Nachdem er einem Zuhälter, dem Luden Schorsch, seine Dame, die Reni, ausspannte und im Café Cherie anschaffen ließ, köderte er weitere Damen und vergrößerte so seinen Harem und seinen Umsatz. Laut seiner Biografie „bekehrte“ er sogar eine Wachturmverkäuferin.
Während die Zuhälter damals eher durch extravagante Kleidung und teure Uhren auffielen, war Stefan Hentschel eher der kraftstrotzende Beschützertyp mit Matte und Porsche. Eine Boxerkarriere blieb dem muskulösen Hünen allerdings verwehrt. Er bestritt 1973 nur einen Amateurkampf, den er in Runde zwei verlor.
Im Zuge der Bandenkämpfe zwischen der Nutella-Bande und der GMBH geriet auch Stefan Hentschel mit seinem Gewerbe zwischen die Fronten. Laut seiner Biografie war er sogar auf der Abschussliste des Kiez-Killers Mucki Pinzner.
Stefan Hentschel führte daraufhin ein Saus- und Braus-Leben auf den Kanaren, wo sich viele Milieuleute zurückzogen, um zu entspannen oder sich zu verstecken. Sein Wiedereinstieg auf dem Kiez war die Eröffnung der Tanzbar BASE, die später Opfer eines Bombenanschlages wurde.
Von diesem Schock hatte sich Stefan Hentschel nur schwer erholt, er versuchte ein bürgerliches Leben mit einer Reinigungsfirma aufzubauen, aber das klappte nicht.
Bekannt wurde Stefan Hentschel im Internet durch die virale Verbreitung einer Sequenz aus einer NDR-Dokumentation, in der er einen unbeteiligten Besucher einfach ohrfeigt und dann gemütlich weiter erzählt.
Karl-Heinz „Kalle“ Schwensen
Karl-Heinz „Kalle“ Schwensen wurde am 30. August 1953 in Selb in der oberfränkischen Provinz geboren. Als Sohn eines Afroamerikaners und einer Deutschen machte er bereits in der Kindheit erste Erfahrungen…